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Leise und mitreißende Register

Kultur: Gelungenes Konzert von Frohsinn Lörzenbach und Eintracht Fahrenbach auf dem Fürther Rathausparkplatz

Ein frischer Wind wehte am Samstag durch das Zentrum Mit ihrem ersten gemeinsamen Open-Air-Konzert haben die Gesangvereine Eintracht Fahrenbach 1900 und Frohsinn 1949 Lörzenbach einen innovativen Schritt gewagt – hinaus aus stickigen Turnhallen, mitten hinein ins Herz von Fürth. Und damit landeten sie einen sensationellen Erfolg: Mit 600 begeisterten Zuhörern war der Parkplatz hinter dem Rathaus buchstäblich bis in den letzten Winkel gefüllt. Bewusst, erklärte Eintracht-Vorsitzender Winfried Lannert, seien die Chöre mit diesem Ereignis „nach außen“ gegangen. Als „relativ intakte Chöre“ hätten sie speziell das Zentrum von Fürth gewählt, „um Werbung zu machen, für den Chorgesang“.

Lannert, der im Rathaus als Hauptabteilungsleiter beschäftigt ist, spielte schon seit Jahren mit der Idee, den Platz, auf den er täglich sieht, einmal seinem profanen Zweck zu entfremden. Da in diesem Jahr für Fahrenbach kein Preissingen anstand, arbeitete der Chor nur auf dieses Konzert hin. Schon viele Konzerte hat die Chorgemeinschaft unter der musikalischen Leitung ihres gemeinsamen Chordirektors, Frank Ewald, zusammen bestritten und auch dieses Mal hat sich das routinierte Zusammenwirken der Chöre bewährt. Mit dem „Freiluftkonzert“ war die Chorgemeinschaft – im kulturellen Sinne – der erste Nutzer des Rathausparkplatzes.

Dieses von reichlich Grün gesäumte Kleinod in Ortskern erwies sich als stimmungsvoller Rahmen für das gleichermaßen anspruchsvolle wie unterhaltsame Programm, das die Männerchöre erarbeitet hatten. Als besonderes Bonbon konnten sie mit dem Bariton, Gonzalo Simonetti, sowie Andreas Moschner am Klavier Virtuosen von erstem Rang für ihre Sache gewinnen. Doch auch in ihren eigenen Reihen finden sich erstklassige Solisten, wie Matthias Lannert mit dem englischen Lied „Shenandoah“ in einer Fassung von Karl-Joseph Müller bewies. Vor dem Hintergrund einer von der Eintracht in sanften Tönen gemalten Klanglandschaft erhob sich sein wohltönender in Richtung Bariton tendierenden Tenor in luftige Höhen. Dabei zeichnete er, dem leichtem Pinselstrich geübter Maler gleich, mit einfühlsamem Vibrato ein zartes Bild inbrünstiger Sehnsucht.

Eine tiefere Stimm(-ungs)lage traf Gonzalo Simonetti mit „Milonga en Ay Menor“ von dem argentinischen Komponisten Astor Piazzolla. „Melodramatisch“ kann bedeuteten, dass eine Bedeutung über den Klang vermittelt wird. Und dies gelang dem jungen Gesangstalent in vortrefflicher Weise. Über sprachliche Barrieren hinweg brachte mittels stimmlichem und mimischem Ausdruck die bewegenden Facetten zwischen Verzagtheit und Aufbrausen eines wehmütigen Herzens zum Ausdruck.

Die „Dunkelroten Rosen“, die er später, als Ausdruck tiefempfundener Liebe zu einer Frau, besang, liefern gleichermaßen eine treffende Metapher für diesen voluminös-zarttönenden Bariton. Große Virtuosität zeichnete das nicht nur begleitende, sondern wirkungsvoll untermalende Klavierspiel von Andreas Moschner aus. Dies trat insbesondere zutage während der Vogelfänger-Arie des Papageno aus Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“.

Das Stück hätte treffender nicht gewählt sein können – ließ sich doch die Fürther Vogelschar von den „Eindringlingen“ nicht das Revier strittig machen und sang das ganze Konzert über aus voller Vogelkehle mit, was eine zauberhafte Bereicherung der Atmosphäre darstellte, durchaus auch in klanglicher Hinsicht. Fast wirkte es, als hätte eine Amsel dem „Herr der Vögel“ von dem Giebel eines Anliegerhauses herab ein Spottlied geträllert. Doch der Sänger konnte es durchaus aufnehmen mit seiner natürlichen Konkurrenz.

Der Männerchor Eintracht sein klangmalerisches Talent unter Beweis, indem er den Parkplatz verwandelte in „Das Tal in den Bergen“ von Bepi de Marzi. In der Lautstärke zurückgenommen, wie das sich zögerlich ankündigende Morgenrot einsetzend, steigerte sich das Stück in einem stufenlosen Spannungsbogen, der gleichsam der Sonne bis zum Zenit folgte. Mit „La Montanara“ von Toni Ortelli stand der Männerchor Frohsinn dem in nichts nach. Auch sie setzten wie ein Flüstern ein, das sich allmählich zu bassigem Echo steigerte und, um von diesem angetrieben, seine harmonisch–volltönende Entfaltung zu finden und in vibrierenden Summen einen sanften Ausklang zu finden.

Ihr Können bewiesen sie auch in „Country roads“, bei dem sie die für Männerchöre beträchtliche Leistung vollbrachten – von einem vorzüglichen „Dompteur“ mit vollem Körpereinsatz gebändigt – dem Drang zu wiederstehen, diese mitreißende Melodie herauszuschmettern. Gemeinsam entfaltete die Chorgemeinschaft dann ihre ganze Stimmgewalt. Dies bedingte jedoch keineswegs einen Verlust an Präzision in Phrasierung wie Artikulation, wie sie mit Wilhelm Heinrichs „Lauf, Jäger lauf“ zeigten. Was diese Chöre wirklich können, wurde oft an besonders emphatischen Stellen deutlich, in welche die Männer all ihr Gefühl legten, etwa das „Halleluja“ von Kobi Oshrat.

Darin wurde einerseits deutlich, dass sie den „Swing“ haben, und darüber hinaus, dass sie sich meisterhaft verstehen auf den Wechsel der leisen und der mitreißenden Register. Was dabei wirklich authentisch herüber kam, war das aufrichtige „Dankeschön, für die Wunder, die täglich geschehen“.

Nicht nur, dass ein Parkplatz, mit freundlicher Zustimmung von „oben“ zur Konzertarena werden konnte, vielmehr, dass von „ganz oben“ extra ein sonniger Himmelsabschnitt zwischen grauen Wolkenmassen aufgetan wurde, um diesem Ereignis einen besonderen Glanz zu verleihen.

Quelle: www.echo-online.de vom 30.6.2008

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